Einführung
von Gerda Fiedler
In
langjährigen Gesprächen mit meinem Engel sind die Aufzeichnungen
zu diesem Bericht entstanden. Er hat mir bei der Niederschrift über
die Schulter gesehen und nahm mir immer dann die Feder aus der Hand,
wenn es um grundsätzliche Aussagen ging.
Ich
möchte damit sagen, daß hier nicht menschliche Phantasie
noch unbekannte mediale Kräfte bemüht wurden, als dieses Bild
himmlischen Lebens aufgezeichnet wurde.
Vielleicht
enttäuscht der Engel dieses Berichts diejenigen, die lieber von
schwerwiegenden Prophezeiungen aus Engelmund hören oder von beeindruckenden
Erscheinungen aus einer jenseitigen Welt, die allenfalls die eigenen
kindlichen Wünsche und Vorstellungen widerspiegelt.
Ein
Engelalltag ist der nüchterne Arbeitstag eines lichten Geistwesens:
Glaubhaft für diejenigen, die schon eine himmlische Hand erfaßt
haben, und erkennbar für solche Menschen, die schon echte Erfahrungen
mit der Welt göttlichen Seins machen durften.
Inhalt
1. Gabriel
2. Die Kinder der Paradiese
3. Seelen tun ihre ersten Schritte
4. Im vielstrahligen Vermögen
5. Heilung
6. An der Hand eines Engels
7. Von der ersten Suche bis zur Gotterfahrung
8. Menschengeburt
9. Mit den Augen Gabriels
10. Vom Schöpfungsbild des Engels
Leseprobe
Gabriel
...Der, über den hier berichtet wird, ist einer von hunderttausend
Engeln meines himmlischen Heimatbereichs. Nennen wir ihn einfach „Gabriel“...
An der Hand eines Engels
...Gabriel weiß seinen Freund in guter Hut, während er in
den nächsten Stunden weite Bereiche seines irdischen Betreuungsgebiets
aufsucht. Viele Menschen sind sich ihres himmlischen Beistands noch
gar nicht bewußt. Ein hilfreich gemeinter Einwand, eine unterstützende
Inspiration kann von ihnen noch nicht als außerirdischer Anstoß
zum Nachdenken bewertet werden; zusammen mit eigenen unbequemen Gedanken
werden solche Eingaben beiseite geschoben.
Ein Engel tastet die Gedächtnisebenen eines menschlichen Bewußtseins
ab um herauszufinden, wie sich sein Kandidat um sein Entwicklungssoll
bemüht. Auf diese Art kann auch ein Gebet – wenn es aus tief
empfindendem Herzen kommt oder durch intensives Nachdenken eingeprägt
ist – nachträglich „gehört“ werden.
Grundsätzlich gilt für Engel, daß richtunggebender Beistand
nur dem gegeben werden darf, der im eigenen freien Wollen die Weichen
stellt. Wo sich ein Mensch nachdrücklich mit dem Für und Wider
seines Inneren Weges auseinandersetzt, sucht ihn sein geistiger Betreuer
öfter auf – den Zweifelnden ebenso wie den Gottsuchenden
– und ist bereit, ihn im rechten Augenblick zu unterstützen.
Engel wissen, daß innere Kämpfe im menschlichen Werdegang
allein durchgefochten werden müssen und daß ein niederer
oder hemmender Standpunkt oft ein ganzes Leben lang nicht überwunden
werden kann. Doch der wachsende Geist muß lernen, im Entwicklungsringen
selbständige Schritte zu tun. Engelsache ist es, diesen Geist immer
wieder von neuem aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken.
Auf seinem heutigen Rundgang kommt Gabriel auch bei einer Sterbenden
vorbei. Daß hier ein altes Mütterchen in seine andere Heimat
gehen will, verstehen alle, die schon vor Tagen zum letzten Liebesdienst
herbeigeeilt sind.
„Dieser gütige Mensch hat manchen Edelstein in den letzten
Reisekoffer eingepackt...“ Gabriel sinnt auf seine Weise über
die bleibenden Werte nach, die eine Menschenseele im Lauf eines Erdenlebens
erringt. Und weil er weiß, daß hier eine Sterbende noch
ein Anliegen auf dem Herzen hat, gibt er ihr einen außergewöhnlichen
Beistand: Sie wird noch einmal voll bewußt und ist für kostbare
Minuten imstande, klar zu sprechen und aufzufassen. Und so kann sie
mit innerer Unterstützung in friedevoller Gelassenheit mit ihren
Angehörigen über das geheimgehaltene Anliegen reden.
Von
der ersten Suche bis zur Gotterfahrung
...Auf seinem Weg von Mensch zu Mensch kommt Gabriel zu einem Vierzehnjährigen,
der mit einem Schulheft spielt.
Dieser Junge hat sich bisher jeder gütigen Eingabe widersetzt.
Sein Schulpensum bereitet ihm gähnende Langeweile, denn: Wer eine
Sportskanone werden will, kann sich mit kleinlicher Denkarbeit nicht
aufhalten.
Er ahnt ja nicht, was er sich für dieses Erdendasein vorgenommen
hat, und daß die dafür nötigen Begabungen sogar vom
Himmel eingraviert werden – falls so ein jugendlicher Dickschädel
nur ein bißchen Bereitschaft zeigt.
Heute nun sitzt sein Musterschüler fasziniert an seinem Schreibtisch.
Ein Schulbuch dient als schräge Bahn für abwärtsrollende
Bleistifte. Er experimentiert mit dem Neigungswinkel seiner Bahn, dem
Weg und Tempo rollender Objekte.
Gabriel läßt ein bißchen Licht in vergessene Bewußtseinsschichten
fließen:
– Fallgesetze . . . Galilei . . . Schwerefeld der Erde . . . Im
Laufe des gemeinsamen Aufarbeitens macht es im Kopf des Jungen mehrmals
„aha“ und „ach so“. Zusammenhänge werden
begriffen, die ihn interessieren, begeistern. Sein Engel läßt
nicht locker:
– Gravitation . . . die Bahnen der Planeten . . . die Gesetze
ihres Systems . . .
Als Gabriel endlich den jungen Mann verläßt, durchforscht
der bereits den väterlichen Bücherschrank nach weiteren Informationen.
Später – auf dem Rückweg – wird sein Engel noch
einmal nach ihm sehen. Dann wird sein Schützling vielleicht schon
ahnen, daß Naturwissenschaftler kein langweiliges Brot verdienen.
Zwanzig, dreißig Menschen werden in der nächsten Stunde von
Gabriel berührt. Kaum nehmen sie es wahr: eine Krafthilfe, eine
hilfreich gemeinte Eingabe, die Einstimmung ihres unausgeglichenen Gemüts.
...
...Im Lauf der nächsten Stunden unternimmt Gabriel den zweiten
Teil seiner Rundreise von Mensch zu Mensch. Jetzt sucht er auch diejenigen
auf, die sich zur verabredeten Zeit auf ihre Begegnung mit dem Himmel
vorbereitet haben. An einen stillen Platz zurückgezogen erwarten
sie ihren Engel.
Der Musiker, den Gabriel in gewohnter Weise aufsucht, holt seine Ideen
nicht aus den Möglichkeiten seines Tagesbewußtseins. In den
wenigen Minuten, in denen er von göttlicher Liebe betaut wird,
eröffnen sich ihm bisher unbekannte Klangbilder in Melodie und
Harmonie. Wohl sind sie abgestimmt auf seine eigene menschliche Begabung
– doch tragen sie die Merkmale des anderen, des himmlischen Komponisten
in sich.
In einer leeren Kirche, versonnen auf seiner Orgelbank hockend, trifft
Gabriel heute seinen Kantor an. Seine Gedanken kreisen um ein neues
Chorwerk. Sein Herz erhebt sich innig sehnend zum Himmel. Als Gabriel
ihn durchströmt, erwächst das leitende Thema in selbstverständlicher
Weise.
Ein Mensch nimmt wahr – faßt auf – setzt um –
verarbeitet – und alles in müheloser Konzentration und in
dem beglückenden Gefühl, einem offenen Himmel näher zu
sein als aller irdischen Freude.
Signatur
der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig - Frankfurt a. M. - Berlin:
2001 A 3968
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